Bürokratie im Verborgenen- Tag 387 der Corona Krise

Wir schreiben heute den 21. April 2021 und nach einer kurzen Shopping Tour, keine Sorge Sie haben nichts versäumt, ich bin weder in Parndorf gewesen, noch habe ich pannonisches Klima bei einem Glas Weißwein am Neusiedler See genossen.

Mein Verlangen nach ein bisschen Freiheit endete wenig überraschend in Wien. Dabei bitte ich Sie jetzt keinen wertvollen Gedanken an Wien zu verschwenden und sich auch nicht die Frage zu stellen: Was bitte schön gibt es in Wien, was wir in Niederösterreich nicht haben? Da es aber per se keine schlechte Frage ist und meine Gedanken bereits zu schweifen beginnen: „Welche Regeln gelten wo? Wieso ist die Pandemie noch immer Ländersache? Hilft das „Anders“-Sein oder was macht der Föderalismus mit uns Menschen?“ mache ich mir eine kurze Randnotiz mit dem Hinweis diesen Fragen in einem meiner nächsten Blogs auf den Grund zu gehen. Heute, hier und jetzt lasse ich diese Fragen allerdings unbehandelt und unbeantwortet an mir vorüberziehen.

Kehren wir also zurück nach Wien, wo ich mir schon fast routinemäßig meine monatlichen kostenlosen Wohnzimmertests abholen wollte und ja bevor das Grübeln jetzt wieder stärker wird, diese Tests gibt es selbstverständlich auch in Niederösterreich und selbstverständlich sind sie auch dort gratis, jedoch nicht umsonst. Ich höre schon die ersten Stimmen rufen: „Ja, aber dafür bräuchte es volle Lager und Apotheker oder Apothekerinnen, die sich bereit erklären an diesem bundesweiten Programm teilzunehmen.“ (www.gesundheit.gv.at).

Ja, das stimmt, aber allen Unkenrufen zum Trotz breche ich jetzt eine Lanze für Rudi Anschober und sage Danke, Danke lieber Rudi für dieses Programm, welches mich und viele andere nicht zum Stillstand verdammt, sondern teilhaben lässt an der Bekämpfung dieser verdammten Pandemie. Wenn uns unsere Politiker, deren Pflicht es übrigens ist uns zu informieren und uns Orientierung zu schenken, unterschiedliche Themen so aufbereiten würden, dass wir sie verstehen, dann könnten wir auch endlich eigenverantwortlich die richtigen Entscheidungen für unser Verhalten treffen. Denn wir haben verstanden, dass wir mit diesen Gratistests eine zusätzliche Möglichkeit zur Verhinderung der Ausbreitung in unseren Händen halten. Und obwohl dieser Test nur eine Momentaufnahme ist, erlaubt er uns unsere Familien mit dem gebotenen Abstand endlich wieder zu besuchen.

Trotzdem und wie so oft in unserem Leben, steckt der Teufel im Detail oder wie in diesem Fall in der Bürokratie. War es mir Ende März noch möglich die 5 Wohnzimmertests nach Vorweisen meiner e-card und ohne Elga Zugehörigkeit anstandslos in der Apotheke zu erhalten, scheint es mir heute, nur 3 Wochen später, unmöglich zu sein. Was hat sich also verändert? Bin ich nicht länger sozialversichert? Nein, im Gegenteil diese Bereitwilligkeit war nichtsahnend dem nicht Funktionieren der Schnittstelle zur Serviceeinrichtung im Gesundheitsministerium geschuldet und nicht meiner großartigen e-card. Heute zurückgewiesen zu werden, keinen Gratistest ohne Elga zu erhalten, machte mich für einen kurzen Augenblick sprachlos, bevor sich meine Gedanken abermals überschlugen: „Gibt es bereits jetzt Regeln, die für manche gelten und für andere vielleicht doch nicht? Wann ist eine Regel ein Privileg und wann wird Sie zur Benachteiligung? Wie müssen sich Migranten oder Schwarze fühlen? Denke ich jetzt zu schwarz oder zu weiß? Oder werde ich tatsächlich von einer staatlichen „Gunst“ ausgeschlossen und ist es überhaupt eine Gunst? Schränkt es meine persönliche Freiheit ein oder ist es dem Gemeinwohl geschuldet? Werde ich dafür bestraft, dass ich meine privaten Daten einer digitalen Welt ohne Regeln nicht schenken will? Werde ich anders behandelt, nur weil ich meine persönlichen Information keiner Digitalfirma (in diesem Fall einem Ministerium) anvertraue? Wer sagt mir, wie diese Daten zum Nullpreis von wem und wann genutzt werden? Fragen über Fragen, die mich im wahrsten Sinne des Wortes erschlagen und deren Antworten sich nicht so schnell finden lassen.

Die Homepage der österreichischen Gesundheitskasse beantwortet diese Fragen übrigens nicht. Zumindest nicht auf den ersten Klick. Die Homepage zeigt mir, wie ich den „Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung der Anspruchsberechtigung für die Abholung von gratis Covid-19 Selbsttests in der Apotheke“ jederzeit on-line einreichen kann. Schon der Titel ist eine bürokratische Sonderleistung. Auf besagter Homepage werde ich dann lange und breit darüber aufgeklärt, wer für die Datenverarbeitung verantwortlich zeichnet und dass die Daten nur zu dem Zweck der Überprüfung für die Abholung erhoben werden müssen. Wieso? Ein weiteres Mal wird bestätigt, dass diese Daten zu keinem sonstigen Zweck verarbeitet werden. Wer jedoch was überprüft, wird nicht erläutert. Muss ich dafür weiß, mindestens 160 cm groß und vollbusig sein ? Wer verbirgt sich hinter § 742b Abs. 2 ASVG? Ist das zukünftig meine neue Referenz? Und falls ja, wo genau einsetzbar? Oder muss ich dafür ein abgeschlossenes Jus Studium mein Eigen nennen?

Auf alle Fälle verlangt die Homepage im Namen dieses Paragraphen von mir Daten wie meinen Vornamen, meinen Nachnamen, meine Telefon Nummer und meine E-Mail Adresse, um mir lustiger weise die Bestätigung – natürlich nur falls ich den Kriterien, die ich nicht kenne – entspreche, abschließend mit der Post zuzuschicken. Wieso nicht mit E-Mail?

Alles klar denke ich mir, weil die E-Mail höchstwahrscheinlich folgenden Absatz, natürlich rein meiner Fantasie geschuldet, beinhalten wird:

„Guten Tag!

Wir haben Ihre Anfrage erhalten und werden uns so rasch wie möglich darum bemühen. In der Regel dauert die Bearbeitungszeit bis zu 10 Tage, bitte um Ihr Verständnis. Sobald wir die Bestätigung verschickt haben, dauert die Lieferung mit der Post in Österreich nur 1-3 Tage, in anderen Ländern der Europäischen Union 5-10 Tage.

Beste Grüße,

Ihr Covid-Test-Servicecenter im Gesundheitsministerium

P.S.: Bitte unterlassen Sie zeitintensive, ineffiziente Anrufe, wir rufen Sie an!“

Was ich ursprünglich meiner großzügigen Fantasie zugeschrieben habe, die ja bekanntlich die schönste Tochter der Wahrheit, aber etwas lebhafter als die Mama ist, wird nur wenige Absätze später auf der derselben Homepage mit folgendem Wortlaut bestätigt:

„Ihre Telefonnummer oder E-Mail-Adresse benötigen wir, um Sie allenfalls darüber zu informieren, dass Ihnen bereits eine Bestätigung übermittelt wurde.“

Wow, was für ein bürokratisches on-line Kunststück. Hätte mein Vater dieses Meisterwerk noch erlebt, hätte er mit Sicherheit geschmunzelt und vielleicht nachfolgenden Satz von sich gegeben: „Politiker sind eben auch nur Menschen“. An dieser Stelle müssen Sie wissen, dass mein Vater ein sehr höflicher Mann war und sich in seinen Gesprächen immer Zeit ließ, bevor er dann in einem Nebensatz, so ganz beiläufig zum eigentlichen Punkt kam. Der in diesem Fall wie folgt lauten könnte: „Sie helfen uns bei Problemen die wir ohne sie nicht gehabt hätten?“

Um es kurz zu machen, Dank der sehr freundlichen und verständnisvollen Apothekerin habe ich die Wohnzimmertests für ein weiteres Monat erhalten, auch ohne Antrag. Sie hat meine Tests rasch und unbürokratisch unter Ihrem Namen abgerechnet. Wie es nächstes Monat funktioniert und Warum ich die Tests ohne Elga Mitgliedschaft nicht erhalten kann, erfahren Sie in einem der nächsten Blogs. Vielleicht brauchen Sie mich ja bei Elga, ich werde gleich mal nachfragen.