Die „Einschläge“ kommen näher…. – Tag 240 der Corona Krise

Und damit meine ich nicht die Einschusslöcher unzähliger Patronenhülsen auf Häuserfronten und auch nicht die Steine, die eventuell vom Himmel fallen könnten. Obwohl selbst eines dieser Szenarien in diesem komischen Jahr früher Realität wurde als uns lieb ist.

Die Novembertage der letzten Jahre waren geprägt von Vorbereitungen und der Vorfreude auf gemeinsame Treffen mit Freunden und Familie. Nicht so dieses Jahr. Dieses Jahr ist ein Jahr der unangenehmen Überraschungen, Kriegsschauplätze rücken näher, Terroranschläge in Wien, Korruptionsskandale und Fahndungspannen beschäftigen die Justiz und den Verfassungsschutz, Amerika wählt einen neuen Präsidenten und die Welt wird von einem kleinen Virus heimgesucht, der uns alle vor sich hertreibt und von einem Lockdown zum nächsten hasten lässt.

Lange Zeit dachte ich: „Dieser Virus befällt mich nicht, nicht mich. Ich werde ihm entwischen, immer einen Schritt voraus sein und trotzdem versuchen, ein halbwegs normales Leben zu führen. Also arbeiten oder was davon noch übrig blieb, Freunde und Familie mit Abstand und Anstand treffen, mit FFP2-Masken reisen, wenn sich die Gelegenheit bietet und gemeinsam mit meinem Mann kochen, staunen und lernen. Und natürlich Sport betreiben, schließlich will der Kopf ja bei Verstand bleiben und der Körper Endorphine zum glücklich sein ausschütten. Ich träumte davon, mich wie Batwoman mit Superkräften auszustatten und allem Bösen Widerstand zu leisten, selbst diesem unsichtbaren Feind unter uns.“

Doch irgendwann wurde selbst mir klar, das funktioniert so nicht. Dieser kleine Virus ist schlauer als wir alle zusammen. Er infiziert Menschen asymptomatisch, sprich Menschen wissen gar nicht wie es um sie steht und bevor sie es schnallen, haben sie bereits munter und fröhlich, weil ja keine Symptome, andere Menschen angesteckt.

So geschehen an einem der letzten Wochenenden in der Nähe von Wien. Freunde hatten ihre Kinder samt deren Freundin zum Essen geladen und auf der Terrasse des kleinen Wohnhauses gegrillt. Es war ein gemütliches Essen im Kreise der Liebsten und jeder war voll der Freude. Es war ein ungezwungenes Beisammensein, fast so wie früher, denn alle fühlten sich wohl und waren gesund, ja vermeintlich gesund.

Doch nur zwei Tage später bekam der Sohn starke Hals- und Ohrenschmerzen und rief als bald 1450. Nach einem raschen Test und einem überraschend schnellen Testergebnis war klar, er ist Covid-19 positiv und damit ansteckend. Wie lange er ansteckend ist oder seit wann er ansteckend war, das kann bis heute keiner so wirklich beantworten. Schließlich ist die Inkubationszeit vielfältig und so wie die Symptome dieser Krankheit nicht immer gleich gelagert. Ob es 24 oder 48 Stunden waren, wer weiß das schon mit Sicherheit? Sicher war zu diesem Zeitpunkt nur, dass die Quarantäne die nächsten 10 Tage sein Leben bestimmen würde und er mit seinen Schmerzen, die hoffentlich nicht schlimmer würden, zurechtkommen musste. Und sicher war auch, dass sich seine Eltern und seine Freundin Sorgen machten, nicht nur um ihn, sondern auch um sich selbst. Und dann ging es Schlag auf Schlag. Zuerst erhielt seine Freundin das positive Ergebnis mit vergleichsweise harmlosen Symptomen wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit.

Und seine Eltern wurden in der Teststraße auf der Donauinsel bei der Floridsdorfer Brücke mittels Gurgeltest getestet. Nur wenige Tage danach erhielten sie das Ergebnis: Covid-19 negativ. Und obwohl sie seit der Infektion ihres Sohnes in freiwilliger Quarantäne waren und keine Symptome verspürten, war die Erleichterung immens, als sie diese positive Nachricht erhielten.

Heute weiß ich, die Einschläge kommen näher und wir sind den letzten Einschlägen mehr durch Zufall als durch Verstand entkommen. Irgendwann in den letzten Tagen ist selbst mir klar geworden, dass das mit dem „hygienischen Schutzmantel“ wohl nix mehr wird und Batwoman wahrscheinlich nicht einmal sich selbst retten kann.

Daher sage ich: „Beugen wir uns dem neuerlichen Lockdown, dem Lockdown 2.0 und verzichten wir auf das, was uns lieb und teuer ist und einen Gutteil unseres Lebens ausmacht: die Möglichkeit, nach eigenem Gusto Menschen zu treffen, wo und wann wir wollen. Beugen wir uns der neuen Verordnung, mag sie auch noch so widersprüchlich sein. Handeln wir nach ihren Regeln und einem gesunden Menschenverstand. Verzichten wir für kurze Zeit auf das Allerprivateste unserer Privatheit und schützen wir damit uns und andere. Denn es geht um viel, es geht um unser aller Leben in dieser Pandemie.