Für alle, die es noch nicht wissen, Claudia und ich haben im Oktober 2019 „hinreißend zerrissen“ herausgegeben https://cris.at/buecher-hinreissend-zerissen/. Unser zweites CRIS-Buch ist keine Friseur-Fibel, wie Sie vielleicht auf Grund des Titels dieses Blogs vermuten, nein, wir haben 70 in Österreich arbeitende Frauen – von den Millenials bis zu den Babyboomern quer durch Hierarchien und Branchen – interviewt und ihnen allen eine Geschichte gewidmet. Die Friseurzunft durfte nicht fehlen!
Die folgenden Auszüge aus unserem Buch mögen zum Nachdenken und Umdenken anregen. Wozu fragen Sie sich jetzt? Damit diese Dienstleistung und damit die vielen, vielen fleißigen Frauenhände die Wertschätzung erfahren, die ihnen schon immer gebührt. Mit unserem derzeitigen Wildwuchs auf dem Kopf oder dem extravaganten Nachwuchs im gefärbten Haar wird diese Branche plötzlich für viele von uns besonders wichtig, unverzichtbar, ja von unschätzbarem Wert. Friseurinnen sind plötzlich in aller Munde und in aller Gunst. Das wünsche ich mir persönlich auch für die Zukunft: explizite dauerhafte gesellschaftliche Anerkennung für jede Frisörin in unserem Land …
„Wir brauchen keine besonders großen, hellhörigen Ohren und auch keine besonders scharfen, dioptrielosen Augen, um mitzubekommen, dass in Österreich die abwertende Meinung vorherrscht: „Des is‘ ja nur a Friseurin.“ Hallo? Was ist los mit uns? Wenn dieser Berufsstand aussterben würde, möchte ich Herrn, aber vor allem Frau Österreicherin sehen – griechische Klageweiber wären dagegen eine Kabarett-Truppe. Wieso müssen Friseurinnen ständig für ihren Berufsstand Federn lassen?“
„Die Eltern haben die Berufswahl irgendwann zur Kenntnis genommen, obwohl sie noch immer der Meinung sind, dass es ungesund ist, den ganzen Tag zu stehen und dass es krank ist, was sie nach so vielen arbeitenden Jahren verdient.
Die Meinung der Eltern ist aber nicht mehr ausschlaggebend. Ihr Ehemann steht hinter und zu seiner überraschenderweise auch von Kundinnen hin und wieder so behandelten und bezeichneten „kleinen“ Friseurin. Die Damen erheben sich meist unbegründet. Emotional herablassend sind sie auf ihre führende Kundinnen-Position fokussiert in einem Moment, wo ihnen anscheinend nicht dämmert, dass auch sie hin und wieder Haare lassen müssen. Stutzen und gestutzt werden, bekommt in meinen Augen in solchen Situationen den berechtigten Impuls zum Nachdenken, auch Selbstreflexion genannt! Und die funktioniert auch unter der Trockenhaube.“
„Ich blicke in ihre lustigen blauen Augen, in ihr lachendes Gesicht und bin fasziniert: weder die beinharte Schule des Lebens noch eine abgeschlossene Friseurlehre haben sie unzufrieden, aggressiv, verzweifelt, unglücklich, grantig, verbittert und schon gar nicht „scheiß drauf“ werden lassen. Ganz im Gegenteil. Sie nennt einen netten, kleinen, gut gehenden Friseursalon in Niederösterreich, den sie vor 17 Jahren von ihrer damaligen Chefin mit Haut und Haar übernommen hat, ihr Eigentum und ihren ganzen Stolz. Und dass jeder in ihrem Team EINEN Vogel haben darf, spricht für ihre großherzige Toleranzpolitik, die sie zwischen Waschtischen, Friseurwagen und Regalen mit hochwertigen Festigungs-, Finish-, oder Pflegeprodukten von Dienstag bis Samstag oder nach telefonischer Vereinbarung an den Tag legt. In ihrem Laden in Pension zu gehen, das würde sie sich wünschen und sie hofft, dass sie irgendjemandem ihr Geschäft weitergeben darf. Aber nicht, um daran zu verdienen und noch einmal am Ende ihres Berufslebens so richtig Kohle zu machen, sondern um aus ihrem ehrlichen Idealismus heraus, das, was sich ihre Ex-Chefin über viele Jahre aufgebaut, sie selbst übernommen und zusätzlich ausgebaut hat, zu erhalten.“