Wenn’s der Kirche dient – Tag 401 der Corona Krise

Dass die Kirche gerne behält, was sie besitzt, ist hinreichend bekannt. Nur, dass sie selbst Dinge behalten will, die seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt werden, ja sogar inaktiv sind, verstehe wer auch immer, ich jedenfalls nicht.

Wobei, wenn ich mir das Verhältnis Kirche und Staat anschaue, dann hing dieses Verhältnis schon immer von den jeweiligen Machtverhältnissen und den jeweils führenden Weltanschauungen ab. Dieses spezielle Machtverhältnis wurde aber erst kürzlich auf die Probe gestellt. Als die Kirche den Kanzler öffentlich für seinen Asylkurs kritisierte, stellte die ÖVP die kirchlichen Steuerprivilegien in Frage und sorgte abermals für eine Schlagzeile: „ÖBAG-Schmid machte für Kanzler Priester „fertig“. So gelesen auf ZackZack nachdem ein weiterer Kurz-Chat aufgetaucht war.

Und obwohl diese rotzfrechen Chatverläufe zwischen Kurz und seiner Entourage publik wurden, Menschen untergriffig und böse attackiert worden sind, hielt sich die Führungsetage der ÖVP – aber auch der katholischen Kirche – an die Maxime: „Hände falten, Goschn halten.“

Aus diesem speziellen Blickwinkel betrachtet, ist es natürlich verständlich, wenn die Kirche sagt: „Wir müssen unsere Schäfchen zusammenhalten, denn die Zukunft ist ein ungewisser Weg……Vaterunser, der du bist, schau herab und hilf uns zu beschützen, was wir haben…..“

Aber zurück zu dem Tag, als wir, mein Mann und ich, im Zuge von Grabarbeiten in unserem Vorgarten einen alten aufgelassenen Schacht, einen kleinen aktiven Schacht und einen relativ alten inaktiven Sickerbrunnen entdeckten. Würde unser Vorgarten im alten Ägypten stehen, wäre unser Garten längst Eigentum ägyptischer Machthaber. Und da in diesem Garten der Zugang zu unserem Haus beheimatet liegt, müssten wir höchstwahrscheinlich über ein mittelalterliches Wegerecht auch noch Maut verrichten. So aber steht unser Garten „oh Herr sei dank…“ in Österreich und einer der vielen Schächte entpuppt sich „nur“ als Servitut.

Ein Servitut ist übrigens laut österreichischem Sachenrecht ein beschränkt dingliches Nutzungsrecht an einer fremden Sache, dessen Eigentümer – in diesem speziellen Fall, also wir – verpflichtet werden etwas zu dulden oder zu unterlassen.

Doch was soll ich erdulden? Eine Flutung des Vorgartens, wenn das Stift die alte Wasserleitung im Schacht in Gang setzt?

Also habe ich mich weder fürs Dulden noch fürs Unterlassen entschieden, sondern ganz meinem Naturell entsprechend dem Handeln gewidmet und folgende direkte Frage an das Stift Klosterneuburg gerichtet: „Können wir das Servitut, in diesem speziellen Fall die alte inaktive Wasserleitung aus dem Jahr 1904 zuschütten? Und können Sie mir dafür eine Bestätigung schicken, denn wir wollen damit die Löschung im Grundbuch beantragen.

Oh, wie war ich mir sicher. Und obwohl mich mein Nachbar mit den Worten: „das ist alles gar nicht so einfach“ anfangs noch davor warnte, schenkte ich ihm kaum ein Ohr. Für mich war klar, so wie das Amen im Gebet, diese Bestätigung würde sich als bald in meinen Händen befinden.

Doch meiner an das Stift Klosterneuburg gerichteten Frage folgte Stille. Zuerst einmal nur Stille. Erst rund 30 Sekunden später antwortete mir eine freundliche Stimme: „Das kann ich nicht entscheiden, ich werde diese Frage an den Herrn Baumeister weiterleiten. Wir rufen Sie zurück.“ Viele Tage der Stille, des Schweigens, vielleicht auch des Vaterunser zogen ins Land und ließen mich abermals aktiv werden. „Wann kann ich mit Ihrer Antwort rechnen? Wissen Sie, setzte ich nach, wir haben seit Tagen eine Baustelle und bräuchten jetzt eine Antwort, nicht erst in ein paar Wochen.“

„Das verstehe ich und ich verspreche Ihnen den Herrn Baumeister nochmals zu erinnern“, antwortete die freundliche Stimme. Wieder folgten Tage der Stille und des Schweigens und des Vaterunser, dieses Mal vielleicht schon innbrünstiger. Rein hypothetisch, selbstverständlich rein hypothetisch, könnte es wie folgt gelautet haben: „Lieber Gott, wie kann ich Habgier als Sünde titulieren, wenn ich selbst das Recht auf Nutzung dieser Wasserleitung nicht verlieren möchte. Oh Herr, gib mir ein Zeichen, bin ich gierig, wenn ich in diesem speziellen Fall auf das Servitut beharre.“

Dann war es endlich soweit, nur 12 Tage später erhielt ich den längst ersehnten Rückruf, zwar nicht vom Herrn Baumeister, sondern vom Herrn Liegenschaftsverwalter, aber hierbei kleinlich zu sein, wäre nicht rechtens und schon gar nicht gerecht. Und seine Worte waren klar und unmissverständlich: „Obwohl die Leitung, sie haben Recht, längst inaktiv ist, kann ich Ihnen heute nicht sagen, was in 100 Jahren sein wird und daher können wir auf das Servitut leider doch nicht verzichten.“

Wahrscheinlich hat der ÖBAG-Schmid mit seiner Ankündigung die Steuerprivilegien der Kirche zu streichen, die Kirche indirekt dazu aufgefordert den Gürtel enger zu schnallen – in aller Stille.