Wir sind alle im selben Rennen – Tag 176 der Corona Krise

Die Reise hat an einem herrlichen Sommertag früh morgens begonnen, dessen Temperaturen allerdings leise den nahenden Herbst erahnen ließen. Die letzten Regenwolken haben noch während der Nacht Wien und seine Umgebung verlassen und sind weiter gen Norden gezogen. Mit rund 13 Grad Außentemperatur und einer pechschwarzen Nacht gegen 05:00 Uhr früh war die Vorfreude auf einen sonnigen Sporttag zwar ungebremst, doch die Lust auf wärmere Kleidung beim Verlassen des Hauses stieg überproportional.

Endlich war es soweit. Triathlons mit geringer Teilnehmer- und Besucherzahl, einem großen Präventionspaket und kaum werbewirksamer Maßnahmen konnten endlich wieder organisiert und abgehalten werden. Viele unserer Sportler haben die letzten Monate hart für diesen Tag trainiert und mussten enttäuscht zur Kenntnis nehmen, dass Covid-19 allen Wettkämpfen im Frühjahr einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Sie wurden entweder verschoben oder zur Gänze abgesagt wie der Ironman Austria in Kärnten, der aufgrund seiner Größe, der weiterhin ungewissen Lage rund um das Coronavirus und der geforderten Sicherheitsmaßnahmen leider auch am zweiten anvisierten Termin nicht stattfinden konnte.

Obwohl die Enttäuschung vieler Athleten groß war, freut es mich, dass rund eine Autostunde östlich von Wien ein großer Triathlonwettkampf am vergangenen Septemberwochenende „grünes“ Licht von den Behörden bekam.  Und ein Freund von mir einen Startplatz im Juli, kurz nach der Absage von Kärnten, für das restlos ausverkaufte Rennen ergatterte.

Die Sonne schickte ihre wärmenden Strahlen auf die Erde, als die ersten Athleten gegen 06:30 Uhr mit der „ersten Welle“ ins Wasser gehen durften. Trotzdem war es kühl und die Anspannung stieg mit jeder Minute, die unser Freund, der gegen 07:30 Uhr mit der „zweiten Welle“ starten durfte, warten musste. Aber es war keine unangenehme Strapaze, denn die Stimmung rund um den See, unter den Athleten und den wenigen Zuschauern oder Begleitpersonen die gekommen waren, war ausgezeichnet. Es schien fast so als würden wir Menschen diese vermisste Normalität hungrig in uns aufsaugen, nur um für ein paar Stunden dieses verrückte Jahr hinter uns zu lassen.

Der Wettkampf nahm seinen Lauf und es hatte den Schein, als ob manche Athleten über sich hinauswachsen würden und dem Ziel regelrecht „entgegenflogen“. Eine Kampfansage an die Pandemie? Michi Weiss hielt die rot-weiß-roten Fahnen hoch und stellte mit 4:01 einen Radstrecken-Weltrekord auf, und dem nicht genug, lief er zur Krönung noch die zweitbeste Zeit, die jemals auf dieser Strecke gelaufen wurde. Und unser Freund schwamm im Pulk seiner Begleiter eine Zeit von knapp 1:18 und fuhr an seinem ersten Triathlon ein großartiges Rad-Rennen mit Rundenzeiten von knapp 50 Minuten. Und obwohl er das Rennen aufgrund einer früheren Knieverletzung noch vor dem Marathon beenden musste, sagte er mit einem breiten Grinser auf seinen Lippen: „I did it und es war unglaublich schön“.

Dieser Tag hat mir gezeigt, wie wichtig Sportveranstaltungen in dieser verrückten Zeit sind und was es für uns Menschen bedeutet mit Anderen mit zu fiebern, gemeinsam zu zittern oder sich einfach nur zu freuen. Wir konnten uns gemeinsam bewegen, waren in der frischen Luft und konnten die Nerven auf ein Minimum runterfahren, selbst der Abstand zu Anderen gelang. Zusammenhalt und gegenseitige Empathie war an diesem Tag spürbar und es lag eine gewisse Coolness trotz der Unsicherheit mit Covid-19 in der Luft. Es schien fast so, als ob Menschen wie beim Verlauf eines Triathlons diesen Sommer über gelernt haben eine eigene „Rennstrategie“ zu entwickeln. Mit Unsicherheiten besser oder leichter zurechtkommen und Herausforderungen bereitwillig annehmen, ja vielleicht sogar mit ihnen wachsen. Tatsache ist, wir befinden uns alle im selben Rennen nur manche von uns hatten an diesem Tag eine Startnummer andere eben nicht. Machen wir das Beste daraus und kommen wir zusammen durch das Rennen und kommen wir gemeinsam an, denn es wird der Tag kommen, wo auch diese Herausforderung hinter uns liegt.